Vor fast 50 Gästen zeigte Bruder Andreas Knapp am Donnerstag, 27. April 2023, im Rahmen der Salacher Reihe zur Kirchenreform seine persönlichen Lebensspuren auf, diskutierte mit den Teilnehmenden über mögliche Schlussfolgerungen für die katholische Kirche, und nahm uns mit auf eine spirituelle Reise in die Wüste.

Andreas Knapp ist in der Erzdiözese Freiburg „groß geworden“ und hat dort als Priester wichtige Funktionen begleitet, insbesondere als Hochschulseelsorger und acht Jahre als Leiter des Priesterseminars. Sein Weg hätte durchaus eine weitere kirchliche Karriere beinhalten können. Doch trotz der erfüllenden Aufgaben spürte er eine Sehnsucht nach einer Kirche ohne Privilegien, Ansehen und Besitz: „Ich wollte ursprünglich mal Jesus nachfolgen, aber jetzt bin ich Beamter!“
In seinen kurzweiligen Ausführungen erzählte Bruder Andreas, wie er sich also auf die Suche nach einer „richtigen“, dem Evangelium gemäßen Lebensweise machte. Er bat um die Entbindung von seinen Aufgaben, verschenkte sein Hab und Gut und trat 2000 den „Kleinen Brüdern vom Evangelium“ bei, einer Ordensgemeinschaft, die sich auf Charles de Foucauld (1858-1916) beruft. Nach dieser grundlegenden Richtungsänderung ging Andreas Knapp nach Paris, Neapel und Bolivien, arbeitete als „Putzfrau“ (wie es in seinem Arbeitsvertrag betitelt wurde), Joghurtverkäufer, Fabrikarbeiter und Gefängnisseelsorger. Seit 18 Jahren lebt er nun mit drei anderen Brüdern in einem Plattenbau in Leipzig. Sie leben eine intensive geistliche Praxis und gehen alle drei einer Erwerbstätigkeit nach. Andreas Knapp arbeitete unter anderem 10 Jahre am Fließband, heute widmet er sich der Flüchtlingsarbeit vor Ort.

Bruder Andreas Knapp stellte drei Kennzeichen vor, die diese Gemeinschaft der „Kleinen Brüder vom Evangelium“ prägen, und von denen seiner Auffassung nach auch die gesamte katholische Kirche etwas lernen könnte:

  1. Solidarisches Leben mit denen, die am Rand der Gesellschaft stehen, zum Beispiel durch das Teilen von Arbeit und Wohnen
    Auch wenn keiner genau sagen könnte, wer am Rand steht – denn dafür müsste man zunächst einmal eine Mitte definieren, ist es wichtig, sich denjenigen zu widmen, die es schwieriger haben.
  2. Leben in kleinen Gemeinschaften
    Entgegen dem aktuellen Trend der Zusammenlegung und Vergrößerung von Einheiten in der katholischen Kirche. Auch wenn dies für Verwaltungsaufgaben notwendig sei, so solle der Kern des Tuns vor Ort in kleinen Gemeinschaften stattfinden.
  3. Besinnung auf den gemeinsamen Glauben und das Gebet
    Statt ständig über Strukturen zu diskutieren, stehen für die „Kleinen Brüder vom Evangelium“ die Zeiten der Stille, der Besinnung und des gemeinsamen Gebets im Vordergrund.

Nach diesen Ausführungen gab es Zeit, um Fragen zu stellen, was von den Zuhörenden auch reichlich genutzt wurde.

Im zweiten Teil des Abends führte Bruder Andreas Knapp die Gäste auf eine spirituelle Reise mit der Lesung aus seinem Buch „Lebensspuren im Sand“. Sein lange gehegter Wunsch nach einer 40-tägigen Auszeit in der Wüste wurde für Bruder Andreas eines Tages wahr. In einer kleinen Hütte ohne Tür und Fenster, ohne Strom und fließendes Wasser, zog er sich in die Wüste zurück, um Gott in der Abgeschiedenheit auf ganz neue Weise zu begegnen. Nur auf sich gestellt und fernab von Lärm und Hektik musste er sich zunächst auf Stille und Alleinsein einstellen. Im Betrachten der Natur, beim Wandern durch die Dünen, beim sich Versenken in einen wunderbaren Nachthimmel, beim Lesen und Meditieren der Evangeliumstexte erkennt er, was im Leben wirklich trägt. Begleitet durch beeindruckende Fotos und meditative Musik gab er den Anwesenden einen inspirierenden Einblick.

Am Ende des Abends war das Publikum beeindruckt von den äußeren und spirituellen Impressionen, die Bruder Andreas Knapp so anschaulich geschildert hat.

Renate Dobeschinsky, Salach